Kampagne gegen Cornelius Kolig (1998)

Kultur-Skandal in Kärnten 1998: Infame Hetz-Kampagne von Kronen Zeitung und FPÖ gegen Cornelius Kolig. (Dokumentation © Peter Putz, www.ewigesarchiv.at

Cover © Kärntner Woche 19.–25. 9. 1998

Am 16. März 1998, einen Tag vor der Beschlussfassung im Kärntner Landtag über ein Projekt von Cornelius Kolig zur Neugestaltung des „Kolig-Saales“ im Klagenfurter Landhaus (die Fresken seines Großvaters waren von den Nazis abgeschlagen worden) erschien die Kärntner Krone mit der Titelseite: „Kultur-Skandal in Kärnten stoppen!“. Im Innenteil folgte eine Doppelseite mit einer massiven und diffamierenden Attacke gegen den „Fäkalkünstler“ Kolig von Hans Dichand persönlich. Am nächsten Tag vermeldete die Krone: „Freiheitliche beziehen klare Position“. Ein tatsächlicher „Kultur-Skandal“ mit beispielloser Hetze gegen Kolig begann. 

Titelseite © Kronen Zeitung, 16. März 1998

Die FPÖ startete in der Folge eine Unterschriftenaktion gegen Kolig und das Projekt, Jörg Haider selbst verteilte entsprechende Prospekte vor eigens aufgestellten „Informationsständen“, die FPÖ schaltete großformatige Anzeigen in der Kärntner Krone. Medial wurde die Kampagne massiv durch Andreas Mölzer unterstützt.

© Kronen Zeitung, 9. Aug. 1998; Foto: Klaus Kreuzer

© Kronen Zeitung, 1998

Peter Putz und Herwig Turk dokumentierten die Hetze auf www.ewigesarchiv.at und organisierten mit anderen Künstler*innen Inserate und Veranstaltungen (MAK Wien, Kunstverein Kärnten, Galerie Freihausgasse) zur Unterstützung von Cornelius Kolig.

Einladung zu Podiumsdiskussion im Museum für angewandte Kunst

Peter Putz, Christine Maierhofer, Herwig Turk © profil 21. 9. 1998, Foto: Reiner Riedler

Das Projekt von Cornelius Kolig im Kärntner Landtag wurde trotz der Anfeindungen im Herbst 1998 fertiggestellt. ­

Jörg Haider war seit 1999 neben seiner Tätigkeit als Landeshauptmann auch Kulturreferent von Kärnten, Andreas Mölzer war u.a. Herausgeber des Periodikums „Zur Zeit“ (und war Kandidat der FPÖ bei den Europawahlen 2014).

2008 fand unter Landeshauptmann Jörg Haider (der nur 10 Jahre zuvor gegen einen Künstler massiv gehetzt und ihn öffentlich diffamiert hatte) eine Landesausstellung unter dem Titel  „Emanzipation & Konfrontation“ (Kuratorin Sylvie Aigner) statt.

 

Kronen Zeitung, 16. März 1998:

Kronen Zeitung, 16. 3. 1998, Text: Hans Dichand (Herausgeber)

Doppelseite 8/9:

Morgen, Dienstag, wird der Kulturausschuß des Kärntner Landtages eine sehr wichtige Entscheidung zu fällen haben. Es geht darum, ob dem „Fäkalkünstler“ Cornelius Kolig ein Millionenauftrag zugeschanzt werden soll, einen Saal im Landhaus auf seine Art auszumalen. Was die Art dieses Künstlers ist, geht aus Werken hervor, die wir hier abbilden.

Auch falls Cornelius Kolig im Landhaus auf seinen Fäkal-Stil verzichten sollte, ist es immerhin skandalös, daß der Auftrag ohne Ausschreibung vergeben werden soll. Der sozialistische Kulturreferent Michael Ausserwinkler hat sich für diese undemokratische Lösung eingesetzt. Es ist klar, daß eine kompakte Mehrheit der Kärntner Bevölkerung dagegen ist.

Zur Vorgeschichte dieser unglaublichen Affäre muß man wissen, daß einst der Großvater von Cornelius Kolig den Saal hervorragend ausgemalt hatte. Anton Kolig war 1886 geboren worden und wirkte im Ersten Weltkrieg als Kriegsmaler. Als Schwager des ebenfalls berühmt gewordenen Malers Franz Wiegele war er für den sogenannten Nötscher Kreis prägend.

Anton Koligs harter Expressionismus vertrug sich allerdings nicht mit der Kunstauffassung des Dritten Reiches. Zwar galt der Künstler offiziell nicht als „entartet“, aber besonders fanatische Kunstwächter zerstörten die Fresken.

Seither kümmerte kaum wer um den kahl gewordenen Saal. Leicht hätte man Werke von Kolig erwerben und auf diese Weise dem Andenken des Meisters gerecht werden können. Jetzt tun man so, als ob man mit der Betrauung des Enkels eine „Schuld“ abtragen wolle. Der bekannte Publizist Andreas Mölzer sagt dazu: „Bewußt wird überspielt, daß es Sippenhaftung auch nicht im positiven Sinne geben kann, daß eine Wiedergutmachung am Werk Anton Koligs nicht bevorzugte Auftragsvergabe für seinen Enkel bedeuten dürfe.“

Seit 1944 die Bomben auf das kleine Kärntner Bergdorf fielen, war Anton Kolig körperbehindert. Unter den Trümmern des einstürzenden Hauses begraben, wurde er mit schweren Verletzungen der Beckenknochen gerade noch gerettet. Sein Schwager, der Maler Franz Wiegele, kam damals ums Leben. Koligs Frau Kathi wurde ebenfalls verschüttet, konnte jedoch geborgen werden.

In seinem Atelier hatte Kolig neben einigen Schriftstücken stets eine große Weckeruhr stehen. Halbfertige Bilder auf den Staffeleien, Paletten, Farbtuben, Photos lagen herum. Ein Totenschädel, von Blättern mit Zeichnungen halb zugedeckt dieses Symbol der Vergänglichkeit spielt im Werk des Künstlers eine wesentliche Rolle.

Anton Kolig starb 1950, erst 64 Jahre alt. 

H.D. (= Hans Dichand, Herausgeber der Kronen Zeitung)

Text rechts oben Seite 9: Cornelius Kolig nennt dieses Werk „aus dem Kotanfall einer Woche gemalt“, Wandlungsbild. Kunstexperte Dieter Ronte sieht in solchen Objekten und Bildern „Spannungsfelder.“

Solidaritäts-Inserat in der „Kleinen Zeitung“

Inserat in Kleinen Zeitung, 5. 9. 1998 und im FALTER

Schluss mit der Hatz auf Kolig!

Nach Monaten einer unglaublich infamen Kampagne von FPÖ und Kronenzeitung gegen Cornelius Kolig reicht’s jetzt: Widerstand gegen unbequeme Kunst darf in Österreich nicht in gefährliche Menschenhatz und totale Diffamierung ausarten!

Peter Putz, Herwig Turk, Bettina Gruber, Dietmar Pickl, HORTUS MUSICUS, Günter Mattitsch, ARCADE, Galerie 3, Eva und Herwig Burian, Sonja Gasparin, Felix Orsini-Rosenberg, Ku K Musiktheater, Dieter Kaufmann, Gunda König, Bruno Strobl, Wolfgang Liebhart. Galerie UnArt, Gernot Kulterer, NANU Theater, Robert Schöffmann, KAT-Theater, Klaus Holler, Karl Murero, Inge Vavra, IG KIKK, Dietmar Pflegerl, Werner Hofmeister, Klaus Karlbauer, H. P. Maya, The Thing Vienna, Helmut Mark, IG Kultur Österreich, Gerald Raunig, Martin Sturm u.v.a.

Dieses Inserat wurde privat bezahlt und weder mit Steuergeldern noch aus Parteispenden finanziert. 

Info: www.ewigesarchiv.at

Eine Podiumsdiskussion zum Thema findet am So., 13. 9. 98, 16.30 Uhr im wiedereröffneten Stadttheater Klagenfurt statt.

Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Auftraggeber. Bezahlte Anzeige.

 

„Gegen-Inserat“ in der „Kleinen Zeitung“

„Gegen-Inserat“ in der Kronen Zeitung vom 7. 9. 1998

Schluss mit der Fäkalkunst C. Koligs

Nicht einmal ein Promille der Kärntner Bevölkerung steht auf der Seite von Cornelius Kolig, der Bilder aus menschlichem Kot fertigte. Ein solcher Mann ist nicht geeignet, Steuergelder als Honorar für die künstlerische Gestaltung eines Landhaussaales zu erhalten. Eine kleine Clique von Menschen versucht uns Kärntnern einzureden, daß dies Kunst sei. Lassen wir uns das nicht gefallen. Geben wir bei den kommenden Wahlen die Antwort. Unterstützen wir nicht politische Kräfte, die Kultur und Moral unseres Landes so herabsetzen wollen. Wir sollten auch nicht Zeitungen lesen, die sich für „Künstler“ einsetzen, die statt Farben zu benützen, einfach auf die Leinwand kacken. So etwas ist eine Beleidigung für alle Kärntner.

Zeigen wir bei den Wahlen, daß es uns reicht!

Dieses Inserat wurde privat bezahlt und ist weder durch Steuergelder noch durch Parteispenden finanziert.

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